Europäischer Binnenmarkt als Gesamtkonstrukt sowie dessen Auswirkungen des Zollabbaus und der Aufhebung der mengenmäßigen Handelsbeschränkungen während der Übergangszeit (1958-1970) sind spektakulär: Der innergemeinschaftliche Handel wird mit 6 multipliziert, während der Handel der EG mit Drittländern mit 3 multipliziert wird: Das durchschnittliche BSP ist somit um 70 % gestiegen. Allerdings belasten nach wie vor Hindernisse in Form verschiedener Regulierungen den freien Waren-, aber auch Personen-, Waren- und Kapitalverkehr. Geltendes EU-Recht ist hierbei maßgeblich.
Denn in dieser Phase behalten die Staaten dieser Zollunion ihre eigenen Vorschriften, Verwaltungsverfahren oder Standards in Bezug auf Verbraucherschutz, Gesundheit und Umwelt bei. Dies sind alles nichttarifäre Handelshemmnisse, die erneute Grenzen schaffen. Es wird noch zwei Jahrzehnte dauern, bis eine beträchtliche Entwicklung des europäischen Projekts und des gemeinsamen Marktes stattfindet.
Diese Beschleunigung kam von der Delors-Kommission (1985-1995), die ein „Weißbuch zur Reform des Binnenmarktes“ annehmen ließ. Dieses Dokument sieht die Annahme von 282 Richtlinien über einen Zeitraum von sieben Jahren zum Abbau der Binnengrenzen vor. Parallel dazu entwickelt der Gerichtshof mit seinem Urteil Cassis de Dijon (1979) „den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung“. Abgesehen von bestimmten Ausnahmen, die beispielsweise durch Erfordernisse des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, kann ein Mitgliedstaat den Verkauf von in einem anderen Mitgliedstaat der Zollunion hergestellten Waren in seinem Hoheitsgebiet nicht mehr verbieten, auch wenn keine Harmonisierung vorliegt.
Die Einheitliche europäische Akte und dann der Vertrag von Maastricht, die 1986 bzw. 1992 verabschiedet wurden, wollen die „vier Freiheiten“ vervollständigen, die den Binnenmarkt ausmachen: den freien Waren-, Personen-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr. Um dieses Ziel zu erreichen, berät der Rat der EU jetzt mit qualifizierter Mehrheit in Bereichen, die für die Einführung des Binnenmarkts von strategischer Bedeutung sind: Handelspolitik, freier Dienstleistungsverkehr, See- und Luftverkehr.
Freier Warenverkehr für die Europäische Union
Gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gehört die Zollunion zu den ausschließlichen Zuständigkeiten der EU.
Technisch basiert dieses System auf der Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten und dem Verbot mengenmäßiger Handelsbeschränkungen. Heutzutage sind auch Zölle, gleichgestellte Steuern und Maßnahmen verboten, während der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung Staaten daran hindert, den Verkauf eines Produkts aus einem Nachbarland wegen Nichteinhaltung seiner Vorschriften zu verweigern, Ware den technischen und gesundheitlichen Standards des Herkunftslandes entspricht.
Kann dann irgendein Produkt unkontrolliert zirkulieren? Nein. Der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Verbrauchern bleibt einer der gültigen Stabilisatoren für die Wiederherstellung interner Handelshemmnisse. Auch an den Außengrenzen der Union wird die Zolltätigkeit fortgesetzt und im Jahr 2015 wurden 293 Millionen Zollanmeldungen registriert, die von mehr als 2.000 verschiedenen Ämtern bearbeitet wurden. Jede Sekunde werden 20 Artikel zwischen der Europäischen Union und einem Drittland ausgetauscht, was die EU zur drittgrößten Handelsmacht der Welt macht.
Vorteil Europäischer Binnenmarkt - Freier Personenverkehr
Unter den vier Freiheiten ist die Freizügigkeit zweifellos diejenige, die die Verwirklichung des europäischen Projekts am meisten repräsentiert, über die aber auch mehr gesprochen wird. Auch dieser grundlegende Aspekt des Binnenmarktes geht auf die Römischen Verträge von 1957 zurück, die in Artikel 39 vorsehen, dass "die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft gewährleistet ist".
Der Schwerpunkt lag daher zunächst auf Arbeitnehmern, sowohl auf Arbeitnehmer als auch auf Selbständige. 1990 wurde die Freizügigkeit auf alle EU-Bürger verallgemeinert, aber Arbeitnehmer sind immer noch Gegenstand eines gesonderten Kapitels - insbesondere was die Achtung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung oder die Beschränkungen beispielsweise für Stellen in der öffentlichen Verwaltung angeht. Grenzen für legitime Arbeitnehmer existieren somit nicht mehr.